Call for Papers
Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ
Tagung des Fachbereichs Deutsch als Fremd- und Zweitsprache des Instituts für Germanistik der Universität Wien
11./12. September 2015, Wien
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DaF und DaZ sind relativ junge akademische Disziplinen, die im Zusammenhang mit praktischen Handlungsbedarfen entstanden sind. Ihre Forschungsinteressen und Gegenstände werden interdisziplinär bearbeitet. Während das Lehren und Lernen von Deutsch als Fremdsprache an unterschiedlichen Orten der Welt stattfindet, sind es im Bereich Deutsch als Zweitsprache und sprachlicher Bildung die amtlich deutschsprachigen Regionen, die als Wirkungsfeld der theoretischen Auseinandersetzung und deren Implikationen für die Praxis gelten. Deutsch ist dabei Angelpunkt der beiden Bereiche und, wie jede andere Sprache auch, nicht nur Kommunikationsmittel, sondern von sozialer, symbolischer und subjektivierender Bedeutung. Das Lehren und Lernen des Deutschen ist somit immer von gesellschaftlicher und politischer Relevanz. Wissenschaftler_innen wie Praktiker_innen dieses Feldes wird immer wieder deutlich, dass dies nicht in einem neutralen Feld geschieht, dass unser Tun also keine „neutrale“ Praxis ist. So macht es einen Unterschied, ob jemand in Brasilien Deutsch lernt oder lehrt oder dies im Rahmen eines sogenannten Integrationskurses in Österreich tut. Beides positioniert Lerner_innen in unterschiedlicher Weise in hierarchisch strukturierten gesellschaftlichen Zusammenhängen. DaF und/oder DaZ und sprachliche Bildung zu lehren, zu lernen oder in diesem Feld zu forschen bedeutet also, und unvermeidlich, in gesellschaftliche Verhältnisse verstrickt zu sein. Diese Verstrickung zu überwinden erscheint kaum möglich. Allerdings ist es möglich, und hierfür besteht steigender Bedarf, sich dessen im Sinne einer reflexiven Verortung bewusst zu werden und Konsequenzen für die Gestaltung der eigenen Arbeit zu ziehen. Es geht gewissermaßen um eine Selbtstethnographie nach der alten Frage "Was passiert hier eigentlich – in/mit/durch DaF & DaZ?". Und: Welche Grundannahmen bestimmen unser (professionelles) Handeln?
Wir möchten mit dieser Tagung dazu einladen, gemeinsam über diese Fragen nachzudenken. Es soll hier weniger darum gehen, Antworten auf diese Fragen zu präsentieren, als darum, uns auf den Weg zu begeben, unser Handeln auf einer grundlegenden Ebene zu befragen. Eine solche fragende Haltung verstehen wir als Hoffnung, Handlungsspielräume für uns als Lehrende und für (uns als) Lernende zu erweitern. Um dieses selbstreflexive „Nachdenken über“ grundlagentheoretisch zu fundieren, aber auch zu erleichtern, können verschiedene Wissenschaftstraditionen, wie beispielsweise rassismuskritische, postkoloniale oder von den Cultural Studies inspirierte Perspektiven zum Einsatz kommen. Diese wurden in letzter Zeit für das Feld DaZ fruchtbar gemacht. Aber auch weitere Analyseperspektiven sind denkbar und willkommen, um den Blick auf die Bedingungen des eigenen Tuns zu richten.
Zur Beteiligung herzlich eingeladen sind Wissenschaftler_innen sämtlicher Qualifikationsstufen sowie in der (Erwachsenen-)Bildung tätige Personen. Explizit und herzlich willkommen sind auch Beiträge von Kolleg_innen aus verwandten und benachbarten Bereichen, die sich für eine Auseinandersetzung mit der Normativität des eigenen Arbeitens in Bezug auf Sprache(n) und Bildung interessieren; wir freuen uns also insbesondere auch über literaturwissenschaftliche, gesellschaftstheoretische oder sozialwissenschaftliche Beiträge.
Entlang folgender Punkte könnte eine Annäherung an das Thema erfolgen:
Panel I: Normative Grundlagen des Feldes DaF/DaZ
Jede fachliche Auseinandersetzung, aber auch jedes Forschungsdesign und jede Argumentation bezieht sich auf normative Grundlagen, deren Explikation oft ausbleibt. Interessierende Fragen wären u.a.: Welche sprachbezogenen oder kulturbezogenen Positionen transportieren wir durch unsere Texte bzw. welche Positionen sind es, die wir nicht vertreten wissen möchten? Womit begründen wir die Zuarbeit zur Gestaltung von Deutschlernangeboten?
Panel II: Gesellschaftstheoretische und reflexive Zugänge
Das eigene Tun als situierte Praxis zu verstehen und als solche verstrickt in (postkoloniale und/oder migrations-)gesellschaftliche Diskurse zu reflektieren, ist Ansinnen dieses Panels. Dafür werden theoretische Analyseperspektiven fruchtbar gemacht. Was tun wir, wenn wir DaF und DaZ lernen, lehren und erforschen? Von welchem Ort aus, mit welcher Geschichte? Welche Räume eröffnen gesellschaftstheoretische Perspektiven auf DaF und DaZ?
Panel III: Unter „Fremden“ und „Zweiten“. Begriffsexplorationen
Sprachfördermaßnahmen, die DEUTSCHförderung meinen, Erst-, Zweit- und Fremdsprachler_innen – Fachtermini machen nicht nur einen differenzierten Austausch möglich, sie (re-)produzieren auch die symbolischen Ordnungen der (Migrations-)Gesellschaften. Welche Bedeutungen und „(K)Erben“ (Arndt/Ofuatey-Alazard 2011) tragen die Begriffe, mit denen wir operieren? Welche Dilemmata sind dem Feld inhärent, welche Alternativen sind denkbar?
Panel IV: Forschungsethik, methodische und methodologische Fragen
Die Forschung in den Bereichen DaF, DaZ und sprachlicher Bildung hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Damit einher geht auch ein stärkerer Bedarf an der Diskussion forschungsethischer Fragen. Dieses Panel bietet Raum für die Reflexion des forschenden Handelns im Feld DaF und DaZ: Welche Kategorisierungen (re-) produzieren wir? Wie ist das Verhältnis zwischen Forschenden und Beforschten zu beschreiben? Welche Konsequenzen haben unsere Ergebnisse?
Panel V: DaF/DaZ – neu gedacht. Suche nach dem utopischen Moment
Fächer und Disziplinen verändern sich, entwickeln sich weiter, entdecken neue thematische Wirkensgebiete oder erhalten zusätzliche Arbeitsaufträge. In diesem Cluster kann eine Utopie des Feldes DaF und DaZ entwickelt werden. Interessierende Fragen wären etwa: Was sind gemeinsame erkenntnispolitische Ziele von DaF und DaZ? Welches Verhältnis zur deutschen Sprache kann vertreten werden, möchten wir vertreten? Welche transformativen Potenziale könnten DaF und DaZ entfalten – für Lehrende, Lernende und für die Fächer selbst?
Panel VI: Interdisziplinäre Perspektiven auf Normativität im Kontext von Sprache(n), Migration und Bildung
Das Feld Sprache(n)-Migration-Bildung ist über disziplinäre Grenzen hinweg von großer Relevanz für die wissenschaftliche Diskussion. Das Panel bietet Raum für interdisziplinäre Perspektiven auf diesen Themenbereich und, in einer produktiven Wechselwirkung, auf (fach-)eigene normative Annahmen in Bezug auf Sprache(n), Migration und/oder Bildung.
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Das Format Ihres Beitrages kann dem klassischen Vortragsformat (30 Minuten Rede plus 10 Minuten Diskussion) folgen, oder auch als Arbeitsgruppe/Workshop gestaltet sein (1,5 Stunden).
Bitte senden Sie Ihre theoretischen/empirischen/fragenden Beitragsvorschläge (ca. 350 Wörter) bis zum 15. März 2015 an dafdaz_reflexiv_2015@univie.ac.at. Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 30. März 2015.
Für das Organisationsteam:
İnci Dirim, Michal Dvorecký, Renate Faistauer, Alisha M.B. Heinemann, Natascha Khakpour, Magdalena Knappik, Karen Schramm
Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ
Institut für Germanistik
Fachbereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache
Porzellangasse 4
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T: +43-1-4277-42106